Rezension von Carmen Bayer / prozukunft.org
„Armut? Klare Antworten aus erster Hand“ ist Teil der utb-Reihe „Frag doch einfach!“, welche im Frage-Antwort-Stil fundierte Informationen für ein breites Publikum aufbereitet. Dem Sozialgeograph Andreas Koch gelingt mit diesem Band, ein sehr komplexes Thema auf weniger als 200 Seiten umfassend darzustellen und neben der Theorie auch die Lebenswelt Betroffener sowie ihre eigene Sicht einzubinden.
Da Armutslagen nicht immer ausschließlich am finanziellen Aspekt festzumachen sind und es vielmehr einer ganzheitlichen Analyse von Lebenssituationen bedarf, erklärt Koch zunächst unterschiedliche Ansätze der Armutsforschung, etwa den Unterschied zwischen absoluter und relativer Armut, den Ressourcen- oder Fähigkeitenansatz und viele weitere. Koch analysiert weitergehend Armut im Kontext von Gesellschaft, Geographie und Politik, um abschließend Strategien der Armutsüberwindung darzustellen.
Ein Abriss zur Geschichte der Armut zeigt auf, dass sich Vorurteile armutsbetroffenen Menschen gegenüber teilweise seit Jahrhunderten halten oder sogar verfestigt haben. „Die Funktionen von Armut haben sich dabei von der ‚Ökonomie des Seelenheils‘ über die von der Natur oder Gott gegebenen Unveränderlichkeiten der eigenen Position im gesellschaftlichen Gefüge bis hin zur Kriminalisierung und Stigmatisierung der Armut sowie ökonomischen Ausbeutung der Armen gewandelt.“ (S. 52) Von einer ursprünglichen „Ethik des Gebens“, also dem Grundsatz, dass wer in Armut lebt auch Unterstützung erhält, hin zu einer „paradoxen Bürokratie des misstrauischen Gewährens“ von Unterstützungsleistungen. (S.55)
Während sowohl die extreme Armut weltweit tendenziell rückläufig ist und auch im nationalen Kontext die Bekämpfung relativer Armut Fortschritte erzielt, scheint die Abschaffung von Armut bislang nicht möglich gewesen zu sein. Erklärungsansätze dieses „progress paradox“ (S. 58) sind vielfältig, wie der Autor zeigt, unter anderem wird auf das neoliberale Wirtschaftssystem und den breiten gesellschaftlichen Konsens über die soziale Ausgrenzung Armutsbetroffener verwiesen. In weiteren Kapiteln geht Koch vertiefend auf Ursachen für Kinder-, Frauen- und Altersarmut sowie auf den Zusammenhang von Armut und Migration ein.
Resümee: Ein notwendiges und empfehlenswertes Buch.