WENN DAS GELD ZUM HEIZEN FEHLT

Presseaussendung von Carmen Bayer / Salzburger Armutskonferenz

Leistbares Wohnen ist für viele in der Stadt Salzburg lebende Menschen nicht mehr verfügbar, 25% der Stadtbewohner:innen können sich nur noch eine geförderte Mietwohnung leisten. Besonders problematisch sind in solchen Fällen die steigenden Energiekosten, welche für Betroffene oft nicht mehr tragbar sind.

Eine extreme Anhäufung von Problemlagen ergibt sich, wenn Wohnblöcke nicht über eine Zentralheizung, sondern die jeweiligen Wohnungen nur über einen Holz- oder Ölofen verfügen. Ein Ofen sollte dann ausreichend Wärme für die gesamte Wohnung abgeben, wobei häufig versucht wird, mit zusätzlichen Heizstrahlern eine gesunde Raumtemperatur herzustellen. Das spiegelt sich auch in den hohen Stromkosten von energiearmen Haushalten wider, welche bei energiearme Haushalten im Schnitt um 320 € höher sind.

Energiearmut – unsichtbar aber gesundheitsgefährdend

Auch in Salzburg ist das große, aber oftmals unsichtbare Problem der Energiearmut präsent. Diese Ausprägung von Armut entsteht bei einem sehr niedrigen Einkommen bei gleichzeitig überdurchschnittlichen Energiekosten, die sich bei zum Teil kaum renovierten, alten Wohnungen ergeben. Zu neuen, gut sanierten Wohnungen haben Armutsbetroffene aufgrund der extrem hohen Mietpreise keinen Zugang, wie das Salzburger Institut für Raumordnung verdeutlicht: „Probleme treten vor allem für Personen auf, die aktuell eine Wohnung suchen, da 90 % der Angebote in den teuersten Wohnkategorien (freie Miete und freies Eigentum) zu finden sind. Diese sind wiederum für einen Großteil der Stadt Salzburger*innen nicht leistbar.“ (SIR-Analyse der Leistbarkeit von Wohnraum, S. 4) Die Folgen von Substandard-Wohnungen zeigen sich auch im Gesundheitszustand von Betroffenen: Schimmelbildung aufgrund von feuchtem Mauerwerk und schlecht beheizten Räumen führt zu dauerhaften gesundheitlichen Schäden.

Keine Zentralheizung – nur ein kleines, unsichtbares Problem?

Eine sanierte Wohnung mit neuen Fenstern und Fernwärme wird zu anderen Konditionen am freien Markt angeboten als eine Einheit in einem Bau aus den 1950 Jahren, ohne Lift und ohne zentral angeschlossene Heizung. „Historisch entstanden sind viele dieser Wohnbauten Mitte der 1950 Jahre, im Rahmen der Lagerräumungsprogramme, viele davon mit internationaler Hilfe (UNHCR) gebaut. Am damaligen Maßstab gemessen waren dies Luxuswohnungen. Das Problem, bis heute leben in diesen Wohnungen sozial benachteiligte Menschen Oft wurde auch Armut in diesen Wohnungen an die jeweils jüngere Generation vererbt.“, erzählt Gabriele Huber vom Diakoniewerk, die durch ihre Erfahrungen mit dem aufsuchenden Besuchsdiensten die Lage der Betroffenen gut kennt.

Aussagekräftige Zahlen zu Wohnungen ohne Zentralheizung für das Stadtgebiet sind schwer festzustellen, aber erste Erhebungen zeigen, dass es nach wie vor über 200 Wohnungen betrifft. „Zahlreiche der Bewohner:innen sind über 65 Jahre und von Armut betroffen“, berichtet Gabriele Huber. Insbesondere für ältere Menschen ergeben sich viele Probleme bei der Beschaffung und Finanzierung des nötigen Heizmaterials. Wohnungen, die mit alten Ölöfen ausgestattet sind, sind ein spezielles Problem. „Es gibt in der Stadt gerade mal zwei Zapfsäulen für Heizöl, mit einem Literpreis von rund einem Euro. Mit 50 Litern heizt man gerade mal gut 2-3 Wochen, ohne dass auch Nebenräume, wie etwa ein Badezimmer richtig warm werden.“, merkt Gabriele Huber an.

Erschwerend hinzu kommt der Transport von Ölkanistern, welcher in Öffis aus sicherheitstechnischen Gründen verboten ist. Auch die weit kostenintensivere Taxifahrt mit Ölkanister ist nur möglich, wenn ein Sachtransport bestellt wird. Sollte dennoch Öl auslaufen, müssen Betroffene den Schaden zahlen. „Wenngleich die Zahl der betroffenen Wohnungen rückläufig ist, so ist das Problem noch lange nicht aus der Welt. Gerade mit Blick auf die Ökosoziale Steuerreform braucht es einen allgemeingültigen Wohnstandard für alle, ansonsten produzieren wir eine verfestigte Armutslage vieler Menschen und verschärfen die soziale Ungleichheit weiter.“, so Carmen Bayer, Sprecherin der Salzburger Armutskonferenz.

Leistbarkeit schlägt Wohnqualität?

Auf Luxus verzichten und dafür leistbaren Wohnraum finden – was in der Theorie effizient klingen mag, bedeutet in der Praxis Mehrkosten für Energie und Strom sowie gesundheitliche Folgen. Ähnlich verhält es sich, wenn Betroffene mit der Forderung konfrontiert werden energieeffiziente Geräte anzuschaffen – von der Waschmaschine bis hin zur Infrarotwandheizung. Theoretisch sinnvoll aber praktisch nicht finanzierbar. „Zudem stellt sich die Frage, warum Mieter:innen die Verantwortung für klimafitte Heizmodule tragen sollten. Insbesondere, da ein Groß der Betroffenen ohnehin den Wunsch hat, die aktuelle Wohnung zu verlassen und nicht noch mehr Geld investieren kann und möchte.“, merkt Bayer an und betont die Verantwortung von Vermieter:innen, Wohnbaugenossenschaften und Politik.

Energiearmut bekämpfen

Um Energiearmut wirkungsvoll zu bekämpfen, müssen Förderungen, wie etwa die Sanierungsoffensive des Bundes, speziell für jene Wohnbauten verwendet werden, welche überwiegend von Armutsbetroffenen bewohnt werden. Gut sanierte und vor allem weiterhin leistbare Wohnungen können die überproportionalen Kosten für Strom und Energie drastisch reduzieren, was den Bewohner:innen nicht nur mehr Lebensqualität, sondern auch wieder ein wenig mehr an finanziellem Spielraum ermöglichen würde. Eine gesetzliche Regelung der Erhaltungspflicht der Vermieter:innen für den Mietgegenstand und all seiner Einrichtungen und Ausstattungen könnte die notwendigen Sanierungen sicherstellen. Darüber hinaus würde eine Maklerprovision nach dem Bestellerprinzip den Auszug aus veralteten, schlechten Wohnungen finanziell enorm erleichtern.

Kurzfristig brauchen Betroffene leicht zugängliche Unterstützungen, um den starken Anstieg der Energiekosten zu kompensieren. „Im Idealfall werden Leistungen wie der Heizkostenzuschuss einfach erhöht, ohne eine zusätzliche Beantragung für Sonderförderungen und abseits bürokratischer Hemmnisse“, so Bayer.

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