Psychisch kranke obdachlose Frauen in Salzburg
Verfasst von Bettina Neumayer, BA (Leitung VinziDach „Housing First“ Salzburg)
Wie in der diesjährigen Wohnbedarfserhebung ersichtlich, wird in Salzburg von einem Anteil rund von einem Drittel der Personengruppe der weiblichen wohnungs- und obdachlosen Personen ausgegangen. Die meisten vergleichbaren Erhebungen und Untersuchungen ähneln sich bezüglich dieses Geschlechterverhältnisses. Berücksichtigt man die Dunkelziffer von verdeckt wohnungslosen Frauen ist die Gruppe jedoch aller Wahrscheinlichkeit höher.
Frauen mit (zum Teil) unbehandelten psychischen Erkrankungen sind eine spezifische Zielgruppe, deren Bedürfnisse sich oft von anderen NutzerInnen der Wohnungslosenhilfe unterscheiden beziehungsweise diese überschreiten.
Frauenspezifische Einrichtungen wie das Frauenhaus, das Gewaltschutzzentrum und alle anderen Frauenberatungsstellen sind ein essenzieller Bestandteil der Soziallandschaft Salzburgs, die Mitarbeiterinnen sind erfahren in der Arbeit mit Frauen in den verschiedensten Problemlagen.
Betrachtet man jedoch die Angebote der Wohnungslosenhilfe in Salzburg so stellt sich heraus, dass es keine Angebote für die spezifische Zielgruppe der psychisch kranken obdachlosen Frauen gibt. Die bestehenden Einrichtungen stoßen regelmäßig an ihre Grenzen.
Es mangelt an einem weiterführenden Angebot der Wohnungslosenhilfe, das psychisch kranke, obdach- oder wohnungslose Frauen erreicht und unterstützt indem sie ein niederschwelliges und ausdifferenziertes Betreuungsangebot stellt.
Häufig äußern die betroffenen Frauen dies selbst, und warum sie die bestehenden Angebote nicht oder nur eingeschränkt nutzen können. So erzählen die Frauen beispielsweise, dass sie sich in gemischtgeschlechtlichen Einrichtungen nicht sicher fühlen, selbst wenn es in manchen eigene Frauenbereiche gibt. Mehrbettzimmer in Notschlafstellen können aufgrund der im Vordergrund stehenden psychischen Erkrankung(en) der Nutzerinnen häufig nicht angenommen werden. Der Zugang zu anderen Angeboten scheitert oft an den höherschwelligen Aufnahmekriterien, die zum Beispiel Krankheitseinsicht betreffend der psychischen u/o Suchterkrankung sowie Absprachefähigkeit voraussetzen.
In manchen Fällen hilft schon der Zugang zu leistbarem Wohnraum, verbunden mit professioneller Unterstützung und Begleitung, um einen Weg von der Straße in ein geschütztes, eigenes Wohnumfeld zu finden. Oft reicht dieses Angebot jedoch nicht aus.
In der Praxis stehen die SozialarbeiterInnen aus dem Bereich der Wohnungslosenhilfe somit regelmäßig vor der Frage: Was mache ich jetzt? Wie kann ich diese Frau mit ihrem spezifischen „Rucksack“ unterstützen?
Aus diesem Grund bildete sich aus dem Forum Wohnungslosenhilfe heraus im Herbst 2018 die Arbeitsgruppe „psychisch kranke und obdachlose Frauen in Salzburg“.
In unserer täglichen Arbeit beobachten wir, dass sich in der Stadt Salzburg zahlreiche psychisch kranke oder suchterkrankte obdach- und wohnungslose Frauen aufhalten, für die das bestehende Unterstützungangebot nicht oder nur eingeschränkt nutzbar zu sein scheint.
Wie groß die Gruppe der „psychisch kranken wohnungs- und obdachlosen Frauen in Salzburg“ genau ist, und wie ein zu den bestehenden Angeboten ergänzendes Unterstützungsangebot aussehen kann, versuchen wir mittels einer quantitativen und qualitativen Erhebung herauszufinden. Diese Erhebungen sollten ein solides Fundament darstellen, die zur Erarbeitung von Maßnahmenvorschlägen dient, um so zukünftig die unzureichende Versorgungslage der psychisch kranken und obdachlosen Frauen in Salzburg zu verbessern und wird in nächster Zeit starten.