Working poor – Wohnungslos trotz Einkommen in Salzburg

Petra Geschwendtner

Die sozialwissenschaftliche Arbeitsgruppe des Forum Wohnungslosenhilfe hat in unzähligen ehrenamtlichen Stunden die Studie zur Wohnbedarfserhebung 2023 fertiggestellt. Die Ergebnisse lassen aufhorchen.

Insgesamt wurden im Oktober 1.288 Personen in Wohnungsnot erfasst, davon 1.042 Erwachsene und 246 Minderjährige. Sowohl Erhebungsmethode als auch Zeitdimension lassen Platz für eine hohe Dunkelziffer. Trotz Rückgang der Zahlen zum Vorjahr ist in den Jahresvergleichen feststellbar, dass sich die Zahlen auf hohem Niveau eingependelt haben. Die Studienautor*innen stellen fest, dass jede 3. Person in der Erhebung ein Erwerbseinkommen besitzt. Mehr als ein Drittel beziehen Leistungen aus der Sozialversicherung (bspw. Pension, Arbeitslosengeld), die sich als nicht sozial absichernd erweist. Insbesondere bei Frauen wird die Einkommensarmut sichtbar, da bei den 16 % Bezieher*innen von Sozialunterstützung Frauen doppelt so häufig als Männer darauf zurückgreifen müssen. So sind auch das ungenügende und ungesicherte Wohnen, insbesondere die von Delogierung betroffenen Haushalte, überwiegend weiblich, der Frauenanteil nimmt hier augenscheinlich zu. Auch im aktuellen Sozialbericht 2024 des Bundesministeriums ist working poor bei Frauen als Hauptverdiener*innen (14 %), insbesondere aber bei Alleinerzieher*innen (28 %), deutlich höher als bei Männern (6 %) anzutreffen.

Gerade Salzburg hat bei den Mieten ungebremste Steigerungen und Höhenflüge erreicht. So scheint es wenig verwunderlich, dass sich die in Salzburg lebenden Menschen trotz Einkommen ihre Wohnungen nicht leisten können oder keinen Zugang zu leistbaren Wohnungen finden. Wohnkosten und Haushaltseinkommen driften auseinander, wie bereits die Studie des SIR und auch die WIFO-Studie zu den Wohnkostenbelastungen in Salzburg gezeigt haben. Die Frage nach der Kausalität im Hinblick auf das „working poor Phänomen“ bleibt offen, wenngleich die Antwort doch naheliegend ist. Sind es nun die niedrigen Haushaltseinkommen, die hier dringend einer Anhebung bedürfen? Oder aber gehören die Mietpreise gebremst, gedeckelt und reguliert?

Wohn- und Obdachlosigkeit zeigt sich strukturell eingebettet in unser gesellschaftliches System. Die Notwendigkeit des Eingriffs in die Marktdynamiken des Wohnungsmarktes ist sowohl betreffend Umkehr dieser Schieflage als auch zur Abwendung weiterer dysfunktionaler Zuspitzung unabdingbar. Die Gewährleistung sozialer und insbesondere von Wohnsicherheit ist nicht nur für das Individuum in Hinblick auf gesellschaftliche Teilhabe sowie für einen selbstbestimmten gelingenden Lebensentwurf maßgeblich, sondern auch für den Wirtschaftsstandort Salzburg unerlässlich.

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