Kautionsproblematik in Salzburg: Anmietobergrenzen versperren Zugang zu Wohnraum
Salzburg, 03.02.2023
2019 wurde das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz vom Bund beschlossen, die Länder waren gefordert, entsprechende Ausführungsgesetze vorzulegen. So auch Salzburg – mit 01.01.2021 trat das Sozialunterstützungsgesetz in Kraft, ebenso die entsprechenden Verordnungen für Wohnen und Sonderbedarfe.
Erstmals wurde per Verordnung eine zuvor noch nicht dagewesene Differenzierung zwischen dem höchstzulässigen Wohnaufwand (HWA) im Zuge des erweiterten Wohngrundbetrages einerseits, der einen bestehenden Wohnaufwand decken und damit den Wohnraum sichern soll, und den gegenüber dem HWA weitaus geringeren Anmietobergrenzen andererseits für die Beschaffung von Wohnraum vorgenommen. Die per Verordnung vorgegebenen Anmietobergrenzen (§ 5 Abs 4) liegen aber sehr weit unter den realen Miethöhen am privaten Markt, teilweise auch unter den Mietkosten der gemeinnützigen Mietwohnungen. Viele einkommensschwache Personen/Haushalte können aufgrund der aktuell durch die Teuerung angetriebene Mietspirale mit ihrem schon be- und überlasteten Haushaltseinkommen keine Ansparungen für Kautionen vornehmen. Durch die definierten Anmietobergrenzen können sie nun auch nicht auf Kautionsunterstützungen zugreifen.
Im Zuge des BAWO-Projektes „zuhause ankommen“ wurde von der Soziale Arbeit gGmbH anlassbezogen kurz vor Weihnachten 2022 eine kleine Rundfrage bei einigen sozialen Trägern in Salzburg gestartet, um eine quantitative Einschätzung betreff Kautionsproblematiken bei Anmietung zu bekommen. Aufgrund von Rückmeldungen innerhalb weniger Tage, überwiegend aus der Stadt Salzburg, aber auch aus dem Tennengau und BH-Umgebung, konnte eine beachtliche Zahl von rund 250 Wohnungen festgestellt werden, wo es massive Probleme mit dem Aufbringen von Kautionen im Jahr 2022 gab. Des Weiteren wurde berichtet, dass zum Teil auch die Miethöhen von geförderten Wohnungen über den Anmietobergrenzen liegen und daher keine Chance besteht, auf eine Kaution als Unterstützungsleistung zurückgreifen zu können.
Jene Menschen in Wohnversorgungskrisen, die auf dem Salzburger Wohnungsmarkt das Glück haben, eine Zusage für eine Anmietung zu erhalten, sind folglich enormen Druck sowie einer psychischen Belastung ausgesetzt, weil sie nicht wissen, wie sie die notwendigen Kautionen aufbringen können. Die dabei unterstützenden Sozialarbeiter*innen in den jeweiligen Organisationen fühlen sich ob der fehlenden strukturellen Handlungsspielräume ebenfalls unter Druck, weil die Wohnung zwar vorhanden ist, fehlende Mittel oder Förderungen für Kautionen aber eine Anmietung schlicht unmöglich machen. Gelegentlich lassen sich Lösungen nur durch das z.T. kleinteilige Beantragen und Erbetteln von Geldern bei diversen Clubs realisieren, sofern die Zeit bis zur Vertragsunterfertigung dafür überhaupt reicht. Das ist sehr zeitaufwändig und nur zu oft höchst frustrierend, weil es dann vorkommen kann, dass zwar das Geld aufgetrieben werden konnte, nun aber die Wohnung nicht mehr zur Verfügung steht.
Für Wohnungssuchende, die in der Stadt Salzburg leben, gibt es zwar einen Kautionsfonds, dieser ist jedoch – wie Praktiker*innen aus der Sozialen Arbeit berichten – so hochschwellig ausgestaltet, dass nur rund 25 – 30 % der Anträge positiv bearbeitet werden können. Antragsteller*innen bekommen hier zwar ein zinsloses Darlehen in Höhe von € 1.000. Der gesamte Kautionsbedarf ist oft viel höher und etliche Menschen bleiben zudem durch verschiedene Zugangserfordernisse überhaupt exkludiert (bspw. Aufenthaltsstatus, Schuldenregulierungsverfahren).
Bsp. aus der Praxis:
Die Miete einer 55 m2 Wohnung in Bergheim hat sich aufgrund der aktuellen Teuerungen im Jänner 2023 auf insgesamt € 990 inklusive Betriebskosten erhöht. Im Vergleich dazu liegen die Anmietobergrenzen für 6 Personen bei € 990!
Die Anmietobergrenze lt. Verordnung liegt für 1 Person bei € 495, allerdings lassen sich Kleinwohnungen zu diesem Preis am privaten Markt kaum bzw. nicht finden. Wohnungen mit rund 30 m2 Nutzfläche sind auf den entsprechenden Angebotsseiten von Immobilien um durchschnittlich € 700 zu finden, etliche liegen darüber. Die Kautionshöhen entsprechen 3 Bruttomonatsmieten, so sind schnell einmal über € 2.000 zusätzlich zur 1. Monatsmiete aufzubringen.
Conclusio/Erfordernis: Kautionszahlungen verbunden mit der aktuell geltenden rechtlichen Ausgestaltung versperren Zugänge zum Wohnen. Eine erfolgreiche Anmietung ist in Salzburg in punkto Leistbarkeit ohnehin schwierig. Im Bundesländervergleich liegt Salzburg bei den Wohnkosten im Spitzenfeld. Menschen in Wohnversorgungskrisen benötigen daher unbedingt eine Unterstützungsleistung in der tatsächlich geforderten Kautionshöhe von 3 Bruttomonatsmieten.
Wir empfehlen daher, die Anmietobergrenzen für die Schaffung von Wohnraum dringend zu überarbeiten und an marktkonforme Gegebenheiten anzupassen.
Petra Geschwendtner
f. d. Forum Wohnungslosenhilfe
p.geschwendtner@soziale-arbeit.at