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Breaking news / ORF vom 16.12.2019
VfGH kippt Kernpunkte des neuen Sozialhilfegesetzes
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bringt ein weiteres Prestigeprojekt der gescheiterten ÖVP-FPÖ-Bundesregierung zu Fall. Aufgehoben wurden zentrale gegen Zuwanderung gemünzte Maßnahmen des neuen Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes: Sowohl die Verknüpfung mit Sprachkenntnissen wie auch Höchstsätze für Kinder sind laut VfGH verfassungswidrig.
Im Grundsatzgesetz selbst sieht der VfGH aber keinen unzulässigen Eingriff in die Zuständigkeit der Länder. Zwar sei die Gewährung von Leistungen bei sozialer Hilfsbedürftigkeit „an sich Sache der Länder“. „Der Bund ist jedoch zuständig, auf diesem Gebiet Grundsätze für die Landesgesetzgebung aufzustellen“, hieß es dazu aus dem VfGH.
Arbeitsgespräch mit Walter Pfeil, 12/19
Heinz Schoibl, Helix – Forschung und Beratung
(Moderation und Protokoll)
Das Arbeitsgespräch am 3.12. war ausgebucht
und gut besucht; TN-Liste ist in der Anlage. Das Gespräch selbst habe ich in
Stichworten dokumentiert und mich nun um eine lesbare Wiedergabe der Inhalte und
Kernergebnisse bemüht. Ich bedanke mich für kritisches Gegenlesen und
Übermittlung von Ergänzungs- und Korrekturvorschlägen.
Einleitende Anmerkungen
Der unmittelbare Zeit- und Ergebnisdruck, der zur Durchführung dieser Veranstaltung getrieben hat, ist weggefallen, zumal Soziallandesrat Heinrich Schellhorn den Entwurf für ein Salzburger Sozialunterstützungsgesetz zurückgezogen und die für Dezember geplante Beschlussfassung im Landtag verschoben hat. Es gibt nun immerhin die Hoffnung, dass der Verfassungsgerichtshof das Grundsatzgesetz Sozialhilfe (GG SH) ordentlich zerpflücken und in (hoffentlich wichtigen) Elementen zurückweisen wird. Unabhängig davon ist jedoch die Perspektive der Armutsverfestigung durch das Machwerk Sozialhilfe NEU nicht gebannt. Auch Walter Pfeil stimmt in diese Prognose ein und verweist darauf, dass sich die Zusammensetzung des VFGH in den vergangenen Monaten nicht zum Besseren geändert hat.
Grundsätzlich ist anzumerken, dass es in
Österreich bisher nicht möglich war, soziale Grundrechte in der Verfassung zu
verankern. Anders als in Deutschland kann mithin eine Überprüfung des
Sozialhilfegesetzes durch den VFGH nicht auf Normen im Verfassungsrang
zugreifen. Das ist lediglich im Kontext des Diskriminierungsverbotes möglich.
Als Positiva kann vermerkt werden, dass der VFGH natürlich an die bisherige
Judikatur gebunden ist. Somit ist in einigen Fällen, z.B. der degressiven
Staffelung der Unterstützung von Kindern in Mehrkind-Familien, die Wahrscheinlichkeit
sehr hoch, dass diese Vorgabe aufgehoben wird. Das gilt auch für den sogenannten
„Bildungsbonus“, der auf eine Kürzung der Leistungen im Ausmaß von 30% wegen
mangelnder Deutsch-/Englischkenntnisse hinausläuft – ohne dass hier jedoch auf konkret
vorliegende individuelle Bedarfe Bezug genommen wird. Walter Pfeil sieht darin
einen Widerspruch zur Vorgabe aus dem Armenwesen (= Kompetenz und Auftrag des
Bundes), wonach die Hilfen auf vorliegende Bedürfnisse abgestellt werden
müssen.
Anmerkung von Walter Pfeil zu den Herausforderungen an die Länder: Walter Pfeil hebt hervor, dass die Westachse der grünen Soziallandesrät*innen sich auf eine gemeinsame Linie in der Umsetzung des Sozialhilfegesetzes verständigt haben. Zu wünschen wäre auch für Salzburg, dass daraus eine eher behutsame Umsetzung der restriktiven Vorgaben erwachsen könnte. Problematisch erscheint Walter Pfeil in diesem Zusammenhang die mögliche türkis-grüne Koalition auf Bundesebene, zumal nicht ohne Weiteres erwartet werden kann, dass Ex-BK Kurz auf dieses „Leuchtturmprojekt“ aus türkis-blauer Regierungszeit verzichten wird.
Anmerkung von Walter Pfeil: Das Grundsatzgesetz normiert den rechtlichen Rahmen für die Ausführungsgesetze der Länder und normiert bestimmte Leistungsarten und Konditionen für die Leistungsgewährung. Dem Land ist es nun überlassen, diesen Rahmen mit eigenen Vorstellungen zu füllen, ist dabei jedoch nicht sklavisch an den vorgefundenen Wortlaut gebunden. Damit ist es grundsätzlich auch möglich, dass das Land in der Umsetzung großzügigere und weniger rigide Lösungen für die Deckung der formulierten Bedarfe trifft. Das Risiko ist für die Länder jedenfalls ausgesprochen gering – in konkreten Anwendungsfeldern müsste der Bund Regelungen, die ihm unsachlich oder als widersprüchlich zu den vorgegebenen Normen erscheinen, einklagen und einen entsprechenden richterlichen Entscheid einholen – da vergehen a) Jahre, b) sind keinerlei Konsequenzen zu befürchten, c) sind damit auf Jahre hinaus Freiheiten für sozialpolitische Weichenstellungen der Länder gewährleistet.
Anmerkung von Walter Pfeil: Als Chance kann jedenfalls gesehen
werden, dass Lücken in der bundesgesetzlichen Regelung weitgehende Spielräume
für die Länder eröffnen, die damit die Möglichkeit haben, allfällige fehlende
Definitionen eigenständig nachzuschärfen.
In seinem sehr diskursiv gehaltenen Vortrag
hielt sich Walter Pfeil weitgehend an vorab formulierte Fragen und
Themenaufrisse, nicht ohne jedoch auch ein wenig hin und her zu springen. Nachdem
die Fragen vor allem auf die Version der Salzburger Sozialunterstützung Bezug
nahmen, gingen wir in der Diskussion jeweils auf die Nebenfrage ein, ob und
inwieweit es im Rahmen des Grundsatzgesetzes nicht möglich gewesen wäre, günstigere
Lösungen als in der Salzburger Umsetzung zu realisieren.
Stichwort: Aufteilung des Richtsatzes in Lebensunterhalt (60%) & Wohnen (40%)
Das Salzburger Sozialunterstützungsgesetz sieht eine fixe Einteilung in 60% Lebensunterhalt und 40% Wohnkosten vor. Damit soll es möglich sein, auch höhere Wohnkosten als bisher im Rahmen der Sozialhilfe abdecken zu können und damit die Wohnversorgung von Sozialhilfebezieher*innen zu verbessern.
Kritisch wenden wir ein, dass dies einer Förderung der Vermieter*innen
zulasten der SH-Empfänger*innen darstellt, und fragen uns, ob hier nicht eine
Kann-Formulierung angemessener wäre; z.B.: bis zu 40% Wohnkosten; sollte eine
Empfänger*in geringere Wohnkosten haben, könnte sie dann trotzdem den gesamten
Richtsatz erhalten.
Walter
Pfeil: Diese Vorgabe des Salzburger
Sozialunterstützungsgesetzes stellt gegenüber der Fassung des Grundsatzgesetzes
eine Verschlechterung dar, weil diese Formulierung für die Bezieher*innen bedeutet,
dass sie um 15% weniger für den Lebensunterhalt erhalten. Hier sollte der
Landesgesetzgeber in Zukunft eine bezieher*innenfreundlichere Vorgangsweise
wählen, ohne die Höhe der Unterstützung des Lebensunterhalts zu beschneiden.
Stichwort: Rechtsanspruch auf Mitwirkung der SH-Bezieher*innen
Das Grundsatzgesetz normiert den Vorrang von Sachleistungen gegenüber
Geldauszahlung und legt fest, dass es keinen Rechtsanspruch darauf gibt, bei
der Wahl der Art der Hilfe mitzuwirken.
Walter Pfeil: Dem Grunde nach ist diese Regelung nicht neu, findet sich gleichlautend auch bereits in der alten Sozialhilfe sowie in der Mindestsicherung. Das Grundsatzgesetz schließt aber eine offenere Formulierung, die z.B. die Mitwirkung der Bezieher*innen anregt und einräumt, nicht aus, um bspw. die Wirkung der Hilfe nachhaltig abzusichern.
Das Grundsatzgesetz normiert
zwar, dass Sonderleistungen nur in Form von Sachleistungen zu erbringen sind,
räumt im Nebensatz jedoch ein, dass dabei auf Effizienz und Effektivität zu
achten ist und diesbezüglich begründete Ausnahmen möglich sind (§ 3 (5) GG-SH).
Davon nimmt z.B. das Salzburger Sozialunterstützungsgesetz keinen Gebrauch,
hält sich stattdessen eng an die Vorlage des Grundsatzgesetzes.
Stichwort: Zusatzleistungen
Das Sbg. Sozialunterstützungsgesetz ist sehr rigid mit Zusatzleistungen – bezüglich Wohnen, Mietrückständen, Wohnungseinrichtung etc.
Wäre hier eine großzügigere Vorgabe möglich, wie könnte die ausschauen?
Walter
Pfeil: Das Grundsatzgesetz lässt Spielräume
offen, um Alternativen zur Abdeckung von hohen Wohnkosten zu realisieren. Das
Grundsatzgesetz liest sich zwar sehr rigid und schließt ergänzende Förderungen,
die über die restriktiv gehaltenen Maximalrichtsätze hinausgehen, aus. Das
betrifft z.B. Leistungen aus der Wohnbeihilfe, wenn diese für die Deckung desselben
Bedarfs gewährt werden. Das heißt jedoch nicht, dass damit alle Leistungen aus
Gesetzesmaterien, die zum Kompetenzbereich der Länder gehören, ausgeschlossen
und anders geartete Hilfestellungen, z.B. für die Deckung des Wohnbedarfs, unmöglich
wären. Die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern ist klar geregelt. Der
Bund hat zwar die Kompetenz des Armenwesens, darf jedoch nicht in Länderkompetenzen,
z.B. in den Bereichen Wohnen und soziale Infrastruktur, einwirken. Es obliegt somit
den Ländern, geeignete wohnpolitische Vorsorgen zu treffen und die
Wohnversorgung von Haushalten in Armutslagen zu regeln. So ist im GG-SH unter §
2 (5) geregelt, dass landesgesetzliche Vorschriften, die ausschließlich der
Minderung eines Wohnbedarfes gewidmet sind und an eine soziale Bedürftigkeit
anknüpfen, nicht den Bestimmungen des Bundesgesetzes unterliegen. Auch der § 6
GG-SH eröffnet zur Vermeidung besonderer Härtefälle einen großen Spielraum
betreff definitorischer Ausgestaltung. Zum Beispiel könnten Land und / oder Stadt
eigenständig Wohnungen anmieten oder ankaufen und diese zum Tarif, der vom
Grundsatzgesetz vorgegeben ist, weitervermieten.
Stichwort: Leistungen Dritter
Wenn Leistungen, auf die kein Anspruch (z.B. Unterhalt) besteht, länger
als vier Monate bezogen werden, sind diese tatsächlich als Einkommen
anzurechnen?
- Beispiel 1: Heizkostenunterstützung während der kalten Jahreszeit wäre dann nur von Dezember bis März erlaubt – längere Kältephasen haben dank Klimawandel zu unterbleiben?
- Beispiel 2: Ein Jugendlicher hat schulische und Integrationsprobleme und wird von einem Sozialverein für den Besuch einer Integrations-/Bildungs-/Freizeitaktivität kostenfrei gestellt – ist das Einkommen?
- Beispiel 3: Ein Arbeitsprojekt für Menschen mit
Behinderung gewährt ihren Mitarbeiter*innen eine Gratishilfe für den
Pendelverkehr zwischen Wohnort und Arbeitsstätte. Stellt diese Mobilitätshilfe
ein anrechenbares Einkommen dar?
Walter Pfeil: Beim Beispiel 1 ist zu beachten, dass das Grundgesetz Sozialhilfe eine klare Bestimmung einfügt, wonach Leistungen Dritter nur dann anzurechnen sind, wenn diese a) dauerhaft (sprich: länger als vier Monate), b) ununterbrochen und c) in bedarfsdeckender Höhe gewährt werden. Damit sind jedenfalls ausreichend Möglichkeiten eingeräumt, die Leistungen so zu gestalten, dass sie eben nicht diesen Normen entsprechen.
Beim Beispiel 2 müssen wir unterscheiden, ob eine Kostenfreistellung so einfach in Geldeswert übersetzt werden kann. Gerade im Fall von Kostenfreistellungen bezweifle ich das. Zudem ist hier zu beachten, dass Kinder und Jugendliche gegenüber den Erziehungsberechtigten keine Unterhaltsverpflichtung haben. Eine schlichte Gegenrechnung auf die Haushaltsförderung wäre in diesem Fall also nicht rechtens. Walter Pfeil befürchtet, dass Leistungen, die näher am Lebensunterhalt sind, wie z.B. Essen bei Tafeln, eher in Abzug gebracht werden könnten, als z.B. der Sport- oder Musikverein für Kinder.
Beispiel 3: Die
Mobilitätshilfe bezieht sich auf einen zusätzlichen Bedarf, der eben aus der
Hilfe zur Erwerbsbeteiligung erwächst und einen tatsächlichen Mehraufwand abdeckt.
Damit wird also eine Leistung erbracht, die nicht eins zu eins auf die Deckung
des Lebensunterhalts angerechnet werden kann. Eine Anrechnung der Kostenfreistellung
als Einkommen wäre mithin eine überschießende Regelung und würde schlicht zu
Unrecht erfolgen. Spielräume im Sinne der länderrechtlichen Definitionshoheit
finden sich im § 7 (5) GG-SH.
Stichwort: Haushaltsgemeinschaft
Das Grundsatzgesetz sieht vor, dass Personen, die sich ein gemeinsames Wohnverhältnis teilen, als Haushalts-/Bedarfsgemeinschaft zu verstehen sind, für die eine Deckelung der Bezüge vorzunehmen ist. Unsere Frage an Walter Pfeil:
Dem Vernehmen nach sollen in Zukunft die Nächtiger*innen in einer
Notschlafstelle, die Bewohnerinnen des Frauenhauses etc. als Mitglieder einer
Haushaltsgemeinschaft gewertet und mit dem entsprechend reduzierten Richtsatz
gefördert werden – geht’s noch? War diese rigide Auslegung tatsächlich
erforderlich oder gäbe es hier Alternativen?
Walter Pfeil: Hier erscheint es wichtig, darauf zu achten, ob und inwieweit eine freiwillige Gemeinschaft besteht oder ob stattdessen von einer Notgemeinschaft gesprochen werden kann. Notgemeinschaften sind als im Grundsatzgesetz als mögliche Ausnahmen von der einschränkenden Regelung vorgesehen und es ist schlicht unverständlich, warum im Salzburger Entwurf davon abgesehen wurde, entsprechende Definitionen von Notgemeinschaften, z.B. Notschlafstelle, Frauenhaus etc., aufzunehmen. Institutionalisierte Einrichtungen könnten aber auch als „nicht frei gewählte Schicksalsgemeinschaften“ oder als „gewillkürte Gemeinschaften“ definiert werden, wenn z.B. aufgrund gegebener Mangellagen keine Alternativen vorhanden sind.
Walter
Pfeil: Davon abgesehen gilt jedoch,
dass Wohngemeinschaften als Haushalts- /
Bedarfsgemeinschaften zu behandeln sind – unabhängig davon, ob hier
tatsächlich eine gemeinsame Haushaltsführung angestrebt und ausgeführt wird.
Hier könnte von Seiten der Länder eine entsprechende Konkretisierung
vorgenommen werden, indem hier auf Formen einer teilweise gemeinsamen Haushaltsführung Bezug genommen wird. Der
Salzburger Entwurf hat auf diese Möglichkeit unverständlicherweise gänzlich
verzichtet.
Stichwort: Unterhaltszahlungen
Das Grundsatzgesetz sieht vor, dass Unterhaltszahlungen für minderjährige Haushaltsmitglieder als Einkommen zu werten sind, wenn diese höher ausfallen als der Richtsatz – siehe drittes Kind.
Sollte sich z.B. die Mutter weigern, den säumigen Vater auf Zahlung von
Unterhalt zu klagen, wird ihr der Richtsatz gekürzt? Wenn nun der unterhaltspflichtige
Elternteil seiner Pflicht nachkommt, bedeutet das tatsächlich einen reduzierten
Richtsatz für den Haushalt? Wie könnte hier eine alternative Lösung aussehen?
Walter Pfeil: Das ist differenzierter zu sehen. Zwar kann dieses Einkommen so bewertet werden, dass das betroffene Kind keinen Unterstützungsbedarf und mithin auch keinen Anspruch auf eine Unterstützung aus der Sozialhilfe hat.
Darüber hinaus gilt jedoch
der Grundsatz, dass Kinder gegenüber ihren Eltern keine Unterhaltspflicht haben. Ihr allfälliges Einkommen kann
unabhängig von der Höhe dieses Einkommens / eines allfälligen Vermögens somit
keineswegs als potenzielles Einkommen der Eltern angerechnet werden.
Stichwort: Sozialarbeit
Es ist schön und recht, dass erstmalig im Salzburger Sozialunterstützungsgesetz Soziale Arbeit gesetzlich verankert wird. In der Sbg Version werden jedoch weder nötige Ressourcen noch Kompetenzen oder deren Positionierung im Verfahren angesprochen. Zudem sieht das Gesetz von der Tatsache ab, dass Soziale Arbeit in der Regel jenseits der behördlichen Agenda umgesetzt wird. Damit bleibt alles beim Alten, d.h. Sozialarbeit gibt es nicht!
Wie könnte eine adäquate Fassung aussehen?
Walter
Pfeil: Es handelt sich hier wohl eher
um ein Lippenbekenntnis, um ein Stück weit die vorliegenden Härten und
Schikanen zu mildern. Tatsächlich wäre es durchaus möglich, diesen innovativen
Ansatz aktiver und vor allem präziser zu fassen – z.B. als Vorsorge für die
Erarbeitung von Hilfeplänen, als Ermächtigung zur partizipativen Gestaltung von
Hilfe, als Vorsorge zur Überprüfung der Sinnhaftigkeit von Sachleistungen, als
Begleitung in komplizierten Fällen etc. Diesbezüglich zeichnet sich der
Salzburger Entwurf als zu wenig kreativ, mutig und innovativ aus.
Stichwort: Abfederungsspielräume
Das Grundsatzgesetz SH zieht in wichtigen Bereichen der Armutsbekämpfung Höchstgrenzen und Deckelungen ein und hindert damit die Vollzugsorgane der Sozialadministration, unbillige Härten und Risiken zu bekämpfen.
Welche Möglichkeit hätte das Land Salzburg, die Härten
des Grundsatzgesetzes durch andere (bzw. neugeschaffene) Gesetze abzufangen?
Walter Pfeil: In dieser Frage wird es vor allem auf das „Kleingedruckte“ ankommen. So hängen viele Vorgaben bezüglich Höchststandards daran, wie im Gesetz der betreffende „Bedarf“ definiert wird. Diese Koppelung von strikten Vorgaben bzgl. der Standards mit der begrifflich z.T. eher weichen Formulierung von zielgruppenspezifischen Bedarfskonstellationen stellt in Hinblick auf die Durchführungsgesetze der Länder eine Einladung dar, den Vorgaben des Bundesgesetzes eigene Definitionen von Zielgruppen, von Bedarfen etc. beizustellen und damit Ausnahmen von der Gültigkeit der Höchstgrenzen zu begründen. Hier ist sicherlich Kreativität und Mut zu Eigenständigkeit gefragt, den das Salzburger Sozialunterstützungsgesetz leider gänzlich vermissen lässt.
Walter Pfeil: Es ist zu erwarten, dass der VfGH das Grundsatzgesetz Sozialhilfe „nur“ in Teilen verwirft, dem Grunde nach jedoch bestätigt. In diesem Fall werden die Länder darangehen müssen, innerhalb mehr / minder kurzer Frist ihre Ausführungsgesetze in Kraft zu setzen. In diesem Sinne wird es in den kommenden Wochen und Monaten noch einmal richtig spannend, wie sich die Länder in wesentlichen Fragen, z.B. Wohnen, aufstellen werden bzw. inwieweit es gelingt, im Rahmen der Länderkompetenzen bedarfsspezifische Lösungen zu finden und die verordneten Härten zu überwinden.
Wie bereits gesagt: Das
Risiko, dass einzelne dieser ergänzenden Bestimmungen im Falle einer Klage
durch den Bund vor dem VFGH nicht halten, ist kalkulierbar und insbesondere mit
keinerlei Sanktionen verknüpft.
Stichwort: DANK
Das Forum WLH sagt Danke!
und verabschiedet sich von Walter Pfeil mit anhaltendem Applaus.
Teilnehmer*innen
Name | Einrichtung |
Walter Pfeil | Uni Sbg |
Elisabeth Kocher | Armutskonferenz |
Birgit Thaler-Haag | Frauenhaus |
Torsten Bichler | Caritas |
Heinz Schoibl | Helix |
Peter Linhuber | VinziDach |
Peter Wieser | Neustart Salzburg |
Susanne Hummel-Lirsch | Saftladen / Neustart |
Petra Geschwendtner | Soziale Arbeit gGmbH |
Eva Stöckl | Arbeiterkammer Salzburg |
Andrea Arminger | Frauentreffpunkt |
Carmen Bayer | Salzburger Armutskonferenz |
Patricia Pfatschbacher | Arbeiterkammer |
Sabrina Penz | Arbeiterkammer |
Hadwig Soyoye-Rothschädl | Die Linke |
Renate Szegedi-Staufer | Sozialamt Sbg-Stadt |
Angela Schoibl | Helix – Forschung und Beratung |
Norbert Krammer | Vertretungsnetz |
Katharina Vachuda-Schweiger | Promente / Reflex |
Manuela Geimer | KIJA Salzburg |
Nathalie Greisberger | Vinzidach |
Lina Cenic | Diakonie |